Tanz der Peinlichkeiten: Daniel Stroms „Memento Mori Carpe Noctem“

Ui, ui, ui. Es ist Herbst, Halloween ist noch nicht so lange vorbei, massentauglich weichgewaschene Vampire feiern in diversen Fernsehserien blutarme Comebacks und überhaupt ist alles hip, was irgendwie mit dem Dunklen zu tun hat. So lange es hübsch oberflächlich bleibt, natürlich. Es geht ja schließlich nur um den Schein. Lieber geheimnisvoller Bad Boy-Look mit Totenkopfring, als wirklich jemand mit Tiefgang zu sein. Und nach dem Dia de Los Muertos-Debakel von Romaine Jerome kommt nun noch eine Uhr auf den Markt, die derart nichtssagend, prätentiös und hohl ist, dass es mir die Zehennägel aufrollt.

Vielleicht tue ich Daniel Strom, dem Sohn des weltbekannten Uhrmachers Armin Strom Unrecht. Aber für eine derartig peinliche Uhr mehr als 11.000 Euro zu verlangen, zeugt vor allem von einem: einer ordentlichen Portion Frechheit.

Aber von vorne.

„Memento mori“ stammt aus dem mittelalterlichen Klosterlatein und heisst übersetzt „bedenke, dass du sterben musst“. Es war und ist eine Erinnerung daran, nicht an Eitelkeiten und Überheblichkeit festzuhalten. „Carpe diem“ heißt übersetzt „pflücke den Tag“ und bedeutet sinngemäß „nutze den Tag“, ist aber nicht genießerisch gemeint. Beide Sprüche sind Ermahnungen aus alter Zeit, uns selbst nicht für den Mittelpunkt der Welt zu halten.

Und dann so was.

Eine Uhr, hübsch zeitgeschmäcklerisch hergerichtet, mit Totenköpflein hier und Totenköpflein dort, blutrotem Zifferblatt und allerlei Firlefanz. Für mehr als 11.000 Euro. Und der Name… „Memento Mori, Carpe Noctem“. „Bedenke, dass du sterben musst, nutze die Nacht“. Aha. Sooo hübsch romantisch. Mehr so wie Twilight und weniger wie Nosferatu. Mehr wie Teenie-Klimbim und weniger wie die gefährliche Seite der europäischen Volksmärchen.

Das alles ist schon schmerzhaft genug, aber der Begleittext auf der Homepage der Memento Mori-Kollektion reibt noch Salz in die Wunde:

„Die Zeit – das Medium des Lebens

Seit jeher fällt es den Menschen schwer, ihre Vergänglichkeit zu akzeptieren. Doch die Vergänglichkeit ist eine wichtige Bedingung für das Leben. Und die Zeit ist die Ordnung des Vergänglichen. Entsprechend müssen die Menschen erkennen, dass es etwas gibt, das höher ist als sie. Etwas, das sich nicht beeinflussen lässt – ganz egal, wie mächtig sie sind oder werden.

Die Geburt und der Tod, das Entstehen und Vergehen, sind unmittelbar miteinander verbunden. Der Zustand dazwischen wird Leben genannt. Und das Medium für das Leben heisst Zeit. Zeit ist somit keine statische Masseinheit, sie ist vielmehr Lebensenergie. Die Zeit ist es, die es Ihnen ermöglicht, Ziele zu erreichen, Ihren Güter-, Mental- und Gefühlswohlstand in Einklang zu bringen und Nachhaltiges zu schaffen, auf das Sie stolz sein können. Weil die Zeit uns aber ein ständiger Begleiter ist, ist sie zugleich auch unser grösster Kritiker – insbesondere für all diejenigen, die versuchen, vor ihr davonzulaufen…“

Medium des Lebens? Zeit ermöglicht es Ihnen, Ziele zu erreichen? Güter-, Mental- und Gefühlswohlstand in Einklang zu bringen und Nachhaltiges zu schaffen, auf das Sie stolz sein können?

Ernsthaft, Herr Strom? Ernsthaft?

Meine Vermutung: Das einzig Nachhaltige, das diese Uhr schafft, ist ein Kontostand mit schwarzen Zahlen. Über den Stolz müssen wir nochmal reden.

Ach ja, als Accessoires für die Uhr gibt es noch ein echt dunkles Kreuz zum Umhängen und eine richtig coole dunkle vampirische carpe-noctem-Gürtelschließe. Ja, richtig gelesen. Und noch einen Ring. So mit coolem Kreuz und so. Gewissermaßen ein vollständiges Graf Dracula-Kostüm.

Daniel Strom Memento Mori Carpe Noctem. Eine Uhr, die eher in die Karnevalsabteilung passt als ans Handgelenk. Direkt neben die falschen Bärte und Plastik-Vampirzähne.

Mementomori-carpe

Mementomori-carpe-Guertel

Mementomori-carpe-Kreuz

Mementomori-carpe-Ring

Mementomori-carpe-Schliesse

Mementomori-carpe